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Haftung des Geschäftsführers einer GmbH

Gerade in Krisenzeiten kommen dem GmbH-Geschäftsführer besondere Pflichten im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit seines Unternehmens zu. Die Rechtsprechung verlangt vom Geschäftsführer, die Liquidität und Verschuldung der GmbH ständig im Auge zu behalten. Versäumt er es, rechtzeitig bei Vorliegen eines Insolvenzgrundes den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, dann haftet der Geschäftsführer im Innenverhältnis der GmbH für „masseschmälernde Zahlungen“. Des weiteren sieht er sich Schadenersatzansprüchen sowohl der im Verschleppungszeitraum hinzukommenden Gläubiger („Kontrahierungsschaden“) als auch der bereits vorhandenen Gläubiger, deren Aussichten auf Befriedigung durch weitere Verluste vermindert werden („Quotenschaden“), ausgesetzt. Darüber hinaus kann sich regelmäßig auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit ergeben.

Was vor Inkrafttreten des Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) in § 64 Abs. 1 GmbHG statuiert war, regelt nunmehr § 15 a InsO. Die Geschäftsführer einer GmbH haben im Falle der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber 3 Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Wird die Verpflichtung pflichtwidrig und schuldhaft verletzt, wird der Geschäftsführer schadenersatzpflichtig aus § 823 Abs. 2 BGB.

Zu betonen ist dabei, dass auch die eingeräumte 3-Wochen Frist nur ausgenutzt werden darf, wenn tatsächlich ernsthafte Sanierungsverhandlungen geführt werden. Auch die Gesellschafterversammlung kann den Geschäftsführer nicht von dieser Pflicht befreien, da es sich bei der Antragspflicht um eine höchstpersönliche Pflicht handelt, die nicht dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung unterliegt.

Für den Geschäftsführer ergibt sich in der Praxis regelmäßig die Schwierigkeit, bei Liquiditätsengpässen den Übergang von der Zahlungsstockung zur Zahlungsunfähigkeit und damit den Eintritt der Antragspflicht zu erkennen. Der Bundesgerichtshof hat hierzu in seiner Entscheidung vom 24.05.2005, IX ZR 123/04, Leitlinien definiert:

a) Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.


b) Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10% seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10% erreichen wird.


c) Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10% oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.

 

Zu beachten ist insoweit,  dass es sich bei den vom BGH aufgestellten Leitlinien nur um eine sog. „widerlegbare Vermutung“ handelt. Ist also nach den vorgenannten Maßstäben die Zahlungsunfähigkeit zu vermuten, kann sich der Geschäftsführer dadurch entlasten, dass er den Beweis führt, dass dem ungeachtet eine Zahlungsfähigkeit vorgelegen hat. Der Nachweis, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Liquiditätslücke in absehbarer Zeit beseitigt worden wäre,  ist in der Praxis allerdings schwierig zu führen.

 

Hinsichtlich der Überschuldung als weiteren Insolvenzantragsgrund gilt durch das  Finanzmarktstabilisierungsgesetz nunmehr wieder der zweistufige Überschuldungsbegriff, und zwar bis zum 31.12.2013. Danach muss ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden, wenn trotz der rechnerischen Überschuldung für das Unternehmen eine positive Fortführungsprognose besteht, mithin es mittelfristig seine laufenden Zahlungen voraussichtlich leisten kann.

Mit welcher Inanspruchnahme hat nun ein Geschäftsführer im Falle unterlassener oder verspäteter Insolvenzantragstellung zu rechnen ?

Die Geschäftsführer einer GmbH sind gem. § 64 GmbHG der Gesellschaft gegenüber zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung geleistet werden. In Ergänzung dazu sollen nunmehr die Geschäftsführer auch für Zahlungen an Gesellschafter haften, die die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft zur Folge haben mussten, es sei denn, das dies aus Sicht eines sorgfältigen Geschäftführers nicht erkennbar war.

Auch die Verletzung drittschützender Rechtsnormen i.S. des § 823 Abs. 2 BGB  kann eine zivilrechtliche Haftung des Geschäftsführers begründen, wenn hierdurch einem Dritten ein Schaden entsteht. Schutzgesetze in diesem Sinne sind insbesondere:

  1. -          Insolvenzverschleppung, § 15 a InsO
  2. -          Betrug und Untreue, §§ 263, 266 StGB
  3. -          Nichtzahlung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, § 266 a StGB
  4. -          Insolvenzstraftaten wie Bankrott, Verletzung der Buchführungspflicht u.a., §§ 283 ff StGB

Nach der Rechtsprechung des BGH haben die Gläubiger, die ihre Forderungen gegen eine GmbH nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht des Geschäftsführers erworben haben, Anspruch auf Ersatz des vollen Schadens, der ihnen dadurch entsteht, dass sie in Rechtsbeziehungen zu der insolvenzreifen GmbH getreten sind. Der Schaden eines sog. Neugläubigers liegt darin, dass er der GmbH im Vertrauen auf deren Leistungsfähigkeit noch Geld- oder Sachmittel zur Verfügung gestellt hat, und dafür lediglich eine wertlose Forderung erlangt. Für den entstandenen Schaden hat der Geschäftsführer einzustehen, wenn es bei rechtzeitiger Stellung des Insolvenzantrags dazu nicht gekommen wäre.

Der Schaden der sog. Altgläubiger, die bereits vor dem Zeitpunkt der Antragspflicht vorhanden waren, besteht in der durch die verspätete Antragstellung bedingten Masse- und Quotenverminderung und wird im eröffneten Insolvenzverfahren als einheitlicher Gesamtgläubigerschaden nur vom Insolvenzverwalter gegenüber dem Geschäftsführer geltend gemacht.

Neben dieser zivilrechtlichen Einstandspflicht läuft der Geschäftsführer einer insolvenzreifen GmbH auch Gefahr, sich strafrechtlich verantworten zu müssen. Vor dem Hintergrund, dass die Insolvenzakten durch das zuständige Amtsgericht von Amts wegen der Staatsanwaltschaft zugeleitet werden, ist die Gefahr einer tatsächlichen Strafverfolgung nicht zu unterschätzen / auch sehr real.

Es kommt zum Beispiel eine Strafbarkeit wegen Eingehungsbetruges gem. § 263 StGB in Betracht, wenn der Geschäftsführer einer insolvenzreifen GmbH noch Waren oder Leistungen entgegennimmt oder Bestellungen auslöst, und dabei zumindest in Kauf nimmt, dass diese nicht mehr bezahlt werden können.

Strafbar nach § 266 a StGB macht sich auch ein Geschäftsführer, der die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung nicht ordnungsgemäß abführt.

Auch jegliches bewusstes Handeln zur Schmälerung der Insolvenzmasse, insbesondere das Beiseiteschaffen von Gesellschaftsvermögen, kann zu einer Strafbarkeit wegen Bankrotts i.S. des § 283  Abs. 1 Nr. 1-4 StGB führen. Gleiches gilt für die Verwirklichung der in §§ 283 Abs. 1 Nr. 5 – 7, 283 b StGB normierten Tatbestände der Verletzung von Buchführungspflichten und der Gläubigerbegünstigung nach § 283 c StGB.

Auch die verspätete oder unterlassene Insolvenzantragstellung selbst ist in § 15 a Abs. 4, 5 InsO unter Strafe gestellt.

Gesetz und Rechtsprechung stellen an den Geschäftsführer sehr hohe Anforderungen verbunden mit großen Haftungsrisiken. Wer keine juristische Vorbildung hat tut gut daran, sich von einem im Insolvenzrecht fachkundigen und erfahrenden Rechtsanwalt beraten zu lassen.

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